Story

Victoria Sarne – Auf Spurensuche im Erbgut

Wie eine junge Forscherin seltene genetische Rätsel entschlüsselt

Einst Studierende, heute Speakerin: Victoria Sarne kehrt ans IMC Krems zurück – mit einer beeindruckenden Forschungsreise im Gepäck. Beim diesjährigen Life Science Meeting steht die Absolventin auf der Bühne – und erzählt von einem wissenschaftlichen Weg, der von Neugier, Präzision und echter Leidenschaft geprägt ist.

Victoria Sarne, Absolventin des IMC Krems und PhD-Studentin an der MedUni Wien, berichtet beim Life Science Meeting über ihre Forschung zu seltenen genetischen Erkrankungen – und über einen Karriereweg, geprägt von Neugier, Präzision und Leidenschaft.

Wenn Victoria Sarne über ihre Forschung spricht, merkt man sofort: Hier steht eine junge Wissenschaftlerin, die weiß, was sie tut – und warum sie es tut. Die Absolventin des Masterstudiengangs Medical and Pharmaceutical Biotechnology am IMC Krems forscht heute als PhD-Studentin an der Medizinischen Universität Wien an den genetischen Ursachen seltener Erkrankungen. Ihr Fokus: eine Mutation im KIF5B-Gen, die mit auffälligen Skelettveränderungen in Verbindung steht – und bislang kaum dokumentiert ist. Beim diesjährigen Life Science Meeting kehrt sie an ihre Alma Mater zurück – als Speakerin.

Forschung mit direktem Bezug zur Klinik

„Was mich an meiner Forschung besonders fasziniert, ist das enge Zusammenspiel zwischen Klinik und Grundlagenwissenschaft“, erzählt Sarne. Denn die Mutationen, mit denen ihre Arbeitsgruppe am Zentrum für Medizinische Genetik der MedUni Wien arbeitet, stammen direkt von Patient*innen – oft mit noch unerforschten oder seltenen Krankheitsbildern. Ihr Team rund um Gruppenleiter Franco Laccone und Junior Supervisor Hannes Steinkellner ist auf die molekulare Analyse solcher bisher kaum beschriebener genetischer Veränderungen spezialisiert.
In ihrem aktuellen Dissertationsprojekt untersucht sie eine seltene Mutation im KIF5B-Gen, einem für den intrazellulären Transport essenziellen Motorprotein. Die Patientin, bei der die Mutation erstmals entdeckt wurde, zeigte eine ungewöhnliche Skelettdysplasie – bisher medizinisch nicht klassifizierbar. „Mittlerweile kennen wir drei Menschen weltweit mit dieser spezifischen Mutation“, so Sarne. „Meine Aufgabe ist es, zu verstehen, wie genau diese Veränderung zur beobachteten Fehlentwicklung führt.“

Zwischen Zellkultur und Tiermodell: Alltag im Forschungslabor

Was nach Hightech und Theorie klingt, ist für Sarne gelebter Alltag – und echte Laborarbeit. Ihr Arbeitstag ist geprägt von Zellkultur, biochemischen Analysen und experimentellen Versuchen am Mausmodell. Am Ludwig Boltzmann Institut für Osteologie führt sie regelmäßig Skelettanalysen in Kollaboration mit Thomas Dechat durch. Doch auch wissenschaftliches Schreiben und Datenanalyse gehören zum Alltag. „Was ich besonders liebe: Die Arbeit ist unglaublich abwechslungsreich“, sagt Sarne. Dabei betreut sie nebenbei auch Bachelor- und Masterstudierende – und gibt ihre Begeisterung weiter.

Vom Wunsch nach Forschung zur Realität – ein Weg mit Vorbildern

Schon während ihres Studiums an der IMC Krems kristallisierte sich Sarnes Forschungsdrang deutlich heraus. Praktika am renommierten Karolinska Institut in Stockholm sowie bei Rita Seeböck an der IMC Krems prägten ihren Weg entscheidend. Seeböck wurde zur Mentorin – und zum Vorbild: „Sie hat mir gezeigt, wie wichtig Durchhaltevermögen und Begeisterung für die Forschung sind“, erinnert sich Sarne.

Nach Abschluss ihres Masterstudiums blieb sie noch einige Zeit an der IMC tätig, bevor sie über Kontakte an ihre jetzige Forschungsgruppe wechselte. Für ihre Masterarbeit erhielt sie den Wissenschaftspreis Wissenschafft Zukunft. Ein weiterer Meilenstein folgt im Sommer 2025: Sarne wird sieben Wochen am renommierten Marine Biological Laboratory in Woods Hole (USA) verbringen – ein hochkarätiger Advanced Research Course erwartet sie.

Von der Hörsaalbank auf die Bühne

Dass sie heute als Speakerin beim Life Science Meeting auftritt, hat für Sarne eine ganz besondere Bedeutung: „Ich erinnere mich gut daran, wie ich selbst als Studentin im Publikum saß – oft überfordert, aber inspiriert.“ Ihr Vortrag wird sich daher besonders an jüngere Zuhörer*innen richten. Im Zentrum steht, wie ihre Forschungsgruppe die Analyse von Kandidatengenen angeht – praxisnah und ohne in komplexe Datensätze abzutauchen.

Neugier, Frustration – und das richtige Umfeld

„Ich bin ein sehr neugieriger Mensch – das ist in der Forschung Gold wert“, sagt Sarne. Was andere frustriert, motiviert sie: „Wenn Experimente nicht funktionieren, wird’s spannend. Ich sage meinen Studierenden immer: Biology is messy.“ Dabei hilft ihr auch ein stabiles soziales Umfeld – etwas, das sie bewusst pflegt. Sport, Reisen und gute Gespräche mit Freund*innen und ihrem Partner bieten Ausgleich. „Mental Health ist ein wichtiges Thema im PhD – und ein gutes Support-Netzwerk das beste Gegengewicht.“

Kindheitstraum: Anwältin. Realität: Wissenschaftlerin.

Ursprünglich wollte Victoria Sarne Anwältin werden – ihre Diskussionsfreude war berüchtigt. Heute diskutiert sie nicht im Gerichtssaal, sondern mit ihren Daten – und manchmal, wie sie lachend sagt, auch mit der Pipette. Ihre Entscheidung für die Biotechnologie sei „eine der besten ihres Lebens“ gewesen. Und dass sie heute am Beginn einer vielversprechenden wissenschaftlichen Karriere steht, ist das Ergebnis von Leidenschaft, Zielstrebigkeit – und einem nie versiegenden Wissensdurst.

Über Victoria Sarne

Victoria Sarne ist PhD-Studentin am Zentrum für Medizinische Genetik der Medizinischen Universität Wien. Während und nach ihrem Bachelor- und Masterstudium in Medical and Pharmaceutical Biotechnology am IMC Krems arbeitete sie in mehreren Forschungsgruppen im In- und Ausland, unter anderem am Karolinska Institut. In ihrer Dissertation untersucht sie die Rolle des Motorproteins KIF5B bei der Skelettentwicklung und verbindet dabei klinische Fragestellungen mit molekularbiologischer Grundlagenforschung.